Die lange Wanderung um ein Bergseeli mit seltsamem Namen
- Nadine
- 1. Jan. 2020
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 2. Jan. 2020
Die Nacht hier ist irgendwie viel kälter als sonst. Die ganze Zeit hat unser Bus so komisch geruckelt, Nadine und Kevin sagen, es sei vom Wind gewesen. Naja, ich habe mich ja wie immer unter die Decke zu den Füssen von Nadine und Kevin verkrochen. Als ich dann gerade so friedlich geschlafen und von Alpaka-Verfolungen geträumt habe, werde ich auch schon wieder geweckt… Ich seufze und ergebe mich mit Chewie meinem Schicksal, einem frühen Morgen-Bisi in den kalten Bergen.
Wenigstens ist die anschliessende Autofahrt heute richtig kurz. Wir stoppen nur einmal an einer Tankstelle, wo ein Mann aus seltsamen Wassernäpfen eine stinkende Substanz in Hektor, mein Zuhause giesst. Das lasse ich mir natürlich nicht gefallen und belle ihn aus Leibeskräften an. Es nützt aber nichts, der Gestank geht nicht weg. Auf der Weiterfahrt kann ich noch ein Lama anknurren und schliesslich steigen wir eine gute Viertelstunde später wieder aus, mitten im Grünen.
Einfach herrlich ist es hier! Die Frauen hier sind so farbenfroh gekleidet, es riecht überall nach Poulet und Wurst, an die ich einfach nicht rankomme… Blöder Grill. Dafür spiele ich ein wenig mit unseren neuen Freunden. Von denen gibt es hier viele, ich lerne fast jeden Tag einen anderen kennen. Die hier sind etwas dünn finde ich, trotzdem sind sie alle nett. Ob sie wohl nicht so gerne fressen wie ich? Nadine erklärt mir, dass die Hunde hier nicht so wie ich zweimal am Tag gefüttert werden und zwischendurch auch noch Snacks bekommen. Unvorstellbar für mich! Sie verspricht mir, dass sie, in der Zeit in der wir hier sind, alle Hunde füttern wird. Das beruhigt mich ein wenig.
So gegen die Mittagszeit werde ich ganz nervös und auch Chewie tänzelt wie wild hin und her. Dafür kann ich nichts, wenn Kevin mich fragt «Gömmer go laufä?» dann habe ich mich einfach nicht mehr im Griff! Die ersten 20 Meter ziehe ich auch wie verrückt an der Leine, schliesslich muss ich so schnell wie möglich meinen Freunden mitteilen, dass ich jetzt auch wieder draussen bin! Gut, dass ich heute frei laufen darf, es hat keine «bösen» Menschen hier, gegen die ich meine Familie verteidigen müsste. Ich bin der Erste der oben an der Treppe ankommt, darauf bin ich mega stolz. Chewie ist der Letzte, er hat wie so oft einen kleinen Umweg genommen. Hier oben dürfen Chewie und ich unsere Tricks vorführen. Unsere Hundeeltern haben da so einen Tic, manchmal, wie aus dem Nichts, müssen wir ganz oben auf einem Berg oder vor irgendwelchen Wasserfällen alles Mögliche aus unserem Repertoire vorführen. Uns macht das nichts aus, wir freuen uns über die Guddelis. Chewie der Streber versucht jeweils Kevin zu erspressen. Er springt meist schon auf Steine, bevor sie etwas gesagt haben und dafür bekommt er sogar noch fast immer ein Guddeli! Alter Angeber… Ich bin viel zu cool für das und zeige nur was ich kann, wenn es mir gesagt wird und ich was dafür bekomme. Was genau meine Menschen da machen mit ihren komischen rechteckigen Geräten, die sie fast immer dabei haben, ist mir eigentlich Wurst.
Danach dürfen wir endlich vollgas geben! Fast eine Stunde lang rennen wir einen Berg hinauf. Naja, ich renne. Chewie das Faultier lässt sich natürlich wieder tragen und die Menschen sind wie immer unfassbar langsam unterwegs. Sie sagen es sei, weil sie nur zwei und nicht vier Beine haben aber ehrlich gesagt glaube ich, sie sind einfach faul. Ständig renne ich vor und zurück aber es nützt nichts, sie geben einfach nicht mehr Gas!
Oben angekommen wird es wieder langweilig. Wir müssen warten während Kevin wieder irgendwas mit seinem komischen Vogel macht...
Schliesslich kehren wir wieder auf demselben Weg um. Bergab sind die Menschen noch langsamer als hinauf und manchmal setzen sie sich auch einfach so ganz schnell hin und machen Geräusche wie "Autsch" und "oops". Um mir die Zit zu vertreiben renne ich jeweils hinauf und hinab und das immer wieder. Die Menschen sind halt schon eine ungeschickte Spezies und während sie sich Zeit lassen beim Abstieg habe ich dieselbe Strecke bestimmt schon dreimal gemacht. Ob meine Menschen wohl zu faul sind, dieses Tümpeli zu umrunden?
Abends klettern wir noch einmal auf den Berg hinauf und setzen uns hin, während die Menschen in den Himmel schauen, obwohl da gar nichts ist. Ganz verstehen kann ich das nicht, aber meine Menschen machen das viel und wir kehren imme rerst um, wenn die Sonne schon weg ist.

Am nächsten Morgen muss ich unglaublich früh aufstehen und mit Chewie nach draussen um mein erstes Bisi zu erledigen. Jeden Tag dasselbe, verstehen die Menschen denn nicht, dass ich ein Morgenmuffel bin??? Normalerweise kann ich mich danach immer nochmals ins warme Bett zum Kuscheln, heute ist es aber irgendwie anders… Nur Chewie darf zurück ins kuschlige Bett zu Nadine. Seit einigen Tagen macht diese übrigens so komische Hustgeräusche und schnäuzt ständig in ein Taschentuch. Die Menschen sind doch wirklich seltsam.

Ich schaue zu, wie Kevin seinen Rucksack packt und als auch einige Guddeli darin landen, laufen wir schon los und nehmen denselben Weg wie gestern. Für mich ist es aber definitiv noch zu kalt und darum möchte ich so gar nicht laufen!! Auch auf die vielen Guddelis habe ich keine Lust, eigentlich möchte ich einfach zurück zu Nadine unter die warme Decke! Alles Stehenbleiben nützt nichts und schliesslich nimmt mich Kevin unter seine warme Jacke. Ich gügsle erst wieder raus, als wir an einem grossen Schild halten. Kevin erklärt mir, dass dies der höchte Punkt des Kratersees Quilotoa ist und auf gut 3900 müM. liegt. Es ist zugleich der westlichste Vulkan der Ecuadorischen Anden! So oder ähnlich hat es getönt, alles habe ich nicht verstanden und wirklich interessant finde ich das auch nicht. Viel mehr finde ich es enfach kalt hier oben mit dem eisigen Wind und viel zu früh zum Gas geben. Schnell wieder unter die Jacke!
Kevin der Packesel trägt mich noch ein wenig weiter, bis die Sonne zum Vorschein kommt und es endlich wärmer wird. Nach anfänglicher Morgenmuffelmüdigkeit finde ich jetzt doch noch Spass am Wandern und ich kann alle meine Energie rauslassen!!! Ich liebe die engen Wegli, obwohl es manchmal doch recht steil ist und Kevin und ich richtig klettern müssen. Die Aussicht interessiert mich nicht wirklich und mein Wanderkumpane scheint mehr mit seinem viereckigen Gerät beschäftigt zu sein, wo auch ich manchmal davorstehen und meine Tricks zeigen muss. Hauptsache ich werde mit den feinen Guddelis entlöhnt, von denen ich nicht genug kriegen kann =).
Es geht bergauf und bergab und das so viele Male, dass ich auch schon bald richtig müde bin. Wir kommen langsam wieder zu Häusern wo es nach feinem Essen riecht und ich plötzlich meinen Kumpel Chewie entdecke!! Auch Nadine sitzt dort und ich freue mich riesig die beiden wiederzusehen! Mein Zuhause hat sich offenbar auch in die Nähe gerollt und wir müssen gar nicht weit laufen, bis wir wieder im Hektor sind. Während wir weiterfahren kann ich es mir auf Kevins Schoss richtig gemütlich machen, irgendwie war der Spaziergang doch ein wenig anstrengender als gedacht und ich schlafe, während wir bereits zu neuen Abenteuern unterwegs sind!
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