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Samana – Traumstrände, Tropendschungel & Todesängste

  • Nadine
  • 14. Sept. 2019
  • 6 Min. Lesezeit

Unsere nächste Unterkunft liegt auf der Halbinsel Samana, gut vier Autostunden von Punta Cana entfernt. Unterwegs dorthin begegnen wir einem nackten Mann auf der Autobahn, verfahren wir uns im Hinterland der Insel, wo ein alter Mann mit weissem Bart, Lendenschurz und Keule, der Strasse entlang spaziert, fahren wir vorbei an schwer bewaffneten Männern, die kleine Mini-Markets und Tankstellen bewachen, immer mit Tempo 30, denn die Schlaglöcher hier sind ohne Worte. Wenn wir es heil ans Ziel schaffen, ohne Achsenbruch und ohne Unfall sind wir schon mehr als dankbar. Auf halber Strecke sehen wir ein verwittertes Schild, das einen kleinen Wasserfall ankündigt. Salto de Socoa heisst er. Der Eintritt kostet uns umgerechnet 2 Franken. An einem kleinen Kiosk, wo sich Welpen und Hühner lauthals über unsere Hunde aufregen, können wir unser Mietauto abstellen und zum Wasserfall hinabsteigen. Als dieser sich vor uns auftut kommt uns unwillkürlich eine bekannte Eistee-Werbung in den Sinn. Ein wunderschöner sprudelnder Wasserfall fliesst in einen glasklaren blauen See hinab, von wo aus er sich weiter in den Dschungel hinein schlängelt. Einfach nur WOW! Wir finden zwischen Einheimischen, die sich von den Klippen ins Wasser stürzen und weiteren Hunden, die wohl zwischen den Einheimischen auf einen kleinen Snack hoffen, ein schönes Plätzchen, wo wir uns im eisblauen Wasser abkühlen können. Einfach herrlich dieser Ort, als sei er direkt aus einem Bilderbruch entsprungen!

Es ist Sonntag und es dauert nicht lange, bis der Wasserfall komplett überfüllt ist. Für uns wird es Zeit, wieder aufzubrechen. Kevin gönnt sich einen kleinen Imbiss (wie es aussieht, frittierte Eier im Brotteig), bevor wir weiter Richtung Samana fahren.

Unterwegs werden wir mehrmals von bewaffneten Militärs angehalten, alle wollen sie unsere Pässe und Führerscheine sehen und alle fragen sie uns nach Geld. Wir machen uns mittlerweilen einen Spass daraus, so zu tun als verstünden wir kein Wort und einfach lauthals miteinander auf Schweizerdeutsch weiterzusprechen. Unsere Lieblingsphrase ist das «Uchrut jätä im Chuchichäschtli», was jeweils verwirrte Blicke und ein Weiterwinken durch das Militär zur Folge hat. Jedesmal dürfen wir ohne zu bezahlen und ohne weitere Fragen passieren, unser Kauderwelsch ist ihnen wohl zu supsekt😊

Wir fahren durch Regenwälder, durchqueren den Qualm eines Buschfeuers (sie verbrennen hier wohl Abfall), an kleinen improvisierten Hüttli vorbei, wo Schweine, Hühner und anderes Getier grast und erreichen schliesslich Sanchez, ein kleines Dörfli auf der Halbinsel Samana. Da wir etwas zu füh sind legen wir eine Mittagspause in einem kleinen Resti ein, wo wir für umgerechnet 12 Franken Pina Colada, Fisch, Bananenpommes und Rührei bekommen, super freundliche Bedienung inklusive!

Mittlerweilen können wir uns, zumindest in Restaurants, mehr oder weniger auf Spanisch verständigen, was die Einheimischen zu schätzen scheinen. Seit wir versuchen uns auf Spanisch zu verständigen wirken die Leute hier viel aufgeschlossener.

Der Ausblick von der Strasse, die uns zu unserer Unterkunft führt ist einfach atemberaubend schön! Von hier aus hat man einen tollen Blick auf den Nationalpark «Los Haitises». Die Gugelhopf-ähnlichen, grünen, tropischen Hügel, die an uns vorbeiziehen wirken wie aus einer anderen Welt.

Schliesslich finden wir die Dreckstrasse, die uns zu unserer Unterkunft führen soll. Eine solch steile Strasse haben wir in unserem ganzen Leben noch nicht gesehen und unser Mietauto kämpft ganz schön mit der Steigung. Während ich die Augen schliesse, mich immer wieder frage ob das wohl gut geht, gibt Kevin Vollgas und schliesslich sind wir oben angekommen, wo wir weder unsere Unterkunft noch eine Menschenseele, nur Kolibris, ein kleines Pferd, Riesentausendfüssler und eine Traumaussicht antreffen. Schliesslich finden wir die Zufahrt und auch David, den Vermieter unseres Airbnb’s. Er führt uns durch den Regenwald, einen steilen Weg entlang auf einen Hügel, wo wir unser Kuppelhäuschen entdecken. Einfach nur der Oberhammer! Überzeugt euch selbst von den Bildern, hier werden wir die nächsten drei Nächte verbringen. Wer Komfort und Service sucht ist hier definitiv fehl am Platz, es gibt weder ein richtiges Klo (Ein Kübel mit Katzenstreu muss reichen) noch eine richtige Dusche geschweige denn eine Kochmöglichkeit oder Besteck. Die Aussicht, die schiere Einsamkeit und das einfache Campingfeeling für uns jedoch einfach nur purer Luxus! Wir vermissen unseren Hektor, die Freiheit und Einsamkeit des «Vanlife» und fühlen uns hier schon beinahe Zuhause.

Während wir die Sonne über dem Meer untergehen sehen entdecke ich auf einmal eine versteckte Kamera, unmittelbar neben unserer Campingdusche. Etwas geschockt erzähle ich Kevin davon und wir nehmen sie kurzerhand vom Baum um sie genauer zu Inspizieren. Ist der Vermieter ein Grüsel? Wir entnehmen der Kamera den Memory-Stick, schliessen ihn an unseren Laptop an und atmen auf. Der Stick ist komplett überfüllt und bis auf die Unterkunft (Aufnahmen vom Januar) ist nichts darauf zu finden. Sie dient wohl nur der Abschreckung. Wir montieren die Kamera zurück an den Baum (aber diesmal weg von der Dusche) und können uns nun endlich entspannen.

Die erste Nacht verläuft ein wenig unruhig, das Kuppelhäuschen verfügt zwar über ein Palmenblätterdach, jedoch gibt es weder Wände noch Fenster, bloss ein Mückennetz dient zur Abschirmung vor den Abermillionen Insekten. Grillen, Kröten und Zikaden wechseln sich mit ihren Lauten gegenseitig ab. Auf einmal taucht ein Riesen-Glühwürmchen vor unserem Netz auf und bietet uns eine grossartige Lichtshow. Zum Fotografieren ist es leider zu schnell. Mitten in der Nacht erwacht Kevin, weil er unseren Brotsack auf dem Tisch rascheln hört. Ganz alleine sind wir also doch nicht, wir teilen unsere Unterkunft mit einer herzigen dicken Ratte. Wir versorgen das Brot und können endlich ruhig schlafen. Zur Ablenkung geben wir der Ratte noch ein Hundeguetzli vor unserem Bungalow, damit sie nicht auf die Idee kommt, sich zu uns ins Bett zu legen.

Am nächsten Morgen bringt uns ein Mitarbeiter ein feines, typisch dominikanisches Frühstück auf den Berg. Es gibt Rührei und frittierte Bananen.

Gegen Mittag wollen wir den nahegelegenen Strand erkunden. Die abenteuerliche Strasse von unserer Unterkunft meistert unser Kia mit Bravour. Leider erwischen wir gerade ein Unwetter und warten im Auto, bis der strömende Regen etwas nachlässt. Als es nach 20 Minuten immer noch wie aus Kübeln herunterleert finden wir, es ist ja bloss Wasser und dazu noch warm. Wir verbringen einen tollen, wenn auch etwas sehr nassen Nachmittag am Strand, während Milo kleine Krebse aufscheucht, wir Kokosnüsse knacken und einfach nur den herrlichen einsamen Palmenstrand in vollen Zügen geniessen. Das Wetter hier ist komplett unberechenbar und die Menschen haben sich wohl damit arrangiert, das Leben geht seinen gewohnten Gang. Wir sitzen den gröbsten Teil des Gewitters in einer kleinen Strandbeiz aus, wo wir Pina Colada aus Ananas schlürfen und von Sandmücken gefressen werden.

Schliesslich besorgen wir uns in Las Terrenas noch eine Sim-Karte, damit wir wieder online sind, abholen können wir diese jedoch erst am Folgetag. Müde vom Tag erklimmen wir mit letzter Kraft den Berg zu unserer Unterkunft und wollen uns gerade Schlafen legen, als auf einmal die Hölle losbricht. Wie aus dem Nichts blitzt und donnert es im Sekundentakt unaufhörlich. Wir befinden uns mitten in einem Tropengewitter. Einige Blitze schlagen unmittelbar neben unserer Unterkunft ein. Chewie hat riesengrosse Angst und auch unser mutiger Milo ist nur noch ein Häufchen Elend in unseren Armen. Auch wir haben nun Todesangst, denn die Blitze schlagen kaum zehn Meter entfernt neben unserer Unterkunft ein und vom Lärm werden wir beinahe taub. Wir befinden uns zudem beinahe am höchsten Punkt der Insel und sind nicht sicher, ob wir den folgenden Tag noch erleben werden. Ohne Internet können wir noch nicht einmal Abschiedsbotschaften verfassen. Als wir David schreiben schlägt er uns vor, den Berg hinab zu seinem Haus zu steigen, jedoch trauen wir uns noch nicht einmal aus unserem Bett aufzustehen. Wir kuscheln uns ganz eng zusammen, halten unsere Hunde fest umschlungen während unsere Lichter sich von den einschlagenden Blitzen, wie in einem Horrorfilm, ein und ausschalten und hoffen einfach nur, dass wir diese Nacht überleben. Nach einer knappen Stunde voller Todesängste, Stossgebete und ja, ich habe auch ein bisschen geweint, zieht das Gewitter endlich weiter und wir sind einfach nur heilfroh, dass wir noch am Leben sind...

Am nächsten Morgen werde ich durch einen flatternden Kolibri vor unserem Netz geweckt. Der Himmel ist klar, das Wetter ein Traum und man kann kaum fassen, dass wir uns vor ein paar Stunden noch inmitten einer ausgewachsenen Apokalypse befunden haben. Unsere Hausgeckos und die Ratte haben sich wohl auch vor dem Unwetter gefürchtet, denn an diesem Morgen sind sie unauffindbar. Nach einem feinen Zmorgen, der uns wieder auf den Berg gebracht wird, holen wir unsere Sim-Karte in Las Terrenas ab und machen uns anschliessend auf zum Wasserfall El Limon. Als wir in die Zufahrtsstrasse einbiegen reihen sich hinter uns bereits Scharen an rufenden Männern auf, die uns allesamt ein Pferd, einen Parkplatz oder eine Tour zum Wasserfall anbieten wollen. Ein Nein können die Menschen hier nur schwer akzeptieren. Uns wird das Treiben zu bunt, eine ruhige Wanderung zum Wasserfall ein Ding der Unmöglichkeit und wir kehren ohne anzuhalten um und fahren an einen kleinen einsamen Strand.

Zwischen den Mangroven, Palmen und Sandstränden können wir uns von der schlimmen Nacht erholen.

Anschliessend gönnen wir uns ein Nachtessen (Empanadas) in einem kleinen Strandresti, bevor wir in einen tropischen Naturpark fahren. Der Eintritt ist gratis, was uns total überrascht und während es wieder wie aus Kübeln giesst geniessen wir komplett ungestört (dass wir wiedermal komplett durchnässt sind stört uns eigentlich kaum noch) den wilden Dschungel, wo tropische Blumen und riesige Palmen um den besten Platz an der Sonne kämpfen. Eine Gruppe eingezäunter Wildscheine findet unsere Hunde besonders interessant und durch den Zaun begrüssen sich Milo, Chewie und die kleinen Säuli, Schnauze an Schnauze.

Die Halbinsel Samana, für uns ein unvergessliches Erlebnis, das wir für immer in Erinnerung behalten werden! Bereits morgen müssen wir leider diese abenteuerliche Insel wieder verlassen, zugegeben sind wir etwas erleichtert, bald wieder schützende Wände um uns zu haben und sind gespannt, was die Nordküste der dominikanischen Republik für uns bereithält!


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