Tag 15, 16 & 17 - Der Weg hat sich gelohnt!
- Nadine
- 22. Feb. 2019
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Aug. 2019
Los geht's früh morgens, so gegen acht (bevor die Bulldozer uns platt walzen). Die Glarner kommen noch um sich zu verabschieden und wir wünschen auch ihnen eine gute Reise.
Der Weg nach Taroudant ist lang aber abwechslungsreich. Von roten Sand-Ebenen über gelbe Hügel bis hin zu orangem Ödland ist alles dabei und auf einmal tut sich das Atlas-Gebirge vor uns auf.
Autobahnen, wie wir sie kennen, gibt es von nun an wohl keine mehr. Kurz nach der Abfahrt springt ein sandfarbener Fuchs direkt vor uns über die Strasse und ich habe Glück, mein Handy hat ein (zwar recht schlechtes) Foto von ihm erwischt! Ob das wohl ein Wüstenfuchs (sogenannter Fennek) ist? Wir glauben es, was meint ihr?

Die Natur hier ist faszinierend. Wir halten bei einem der unzähligen weissen Büsche und es stellt sich heraus, dass diese von Spinnweben übersät sind!

Als wir einen Platz für unser Frühstück suchen landen wir auf einem kleinen Kiesweg, mitten im Nichts. Zuerst meinen wir, hier sei es nicht so schlecht, dann entdecke ich ein Rudel Strassenhunde, das sich an einem verstorbenen Esel zu schaffen macht. Nein, davon hab ich kein Foto gemacht, wir fahren schnell weiter. Immer wieder sehen wir kleine Töffli, die sich die Hügel hochkämpfen. Darauf sitzen meist drei Leute, ein Mann der fährt, eine Frau, die sich an ihm festhält und auf ihrem Rücken das Kleinkind, festgebunden mit Tüchern, damit es nicht runterfällt.
Schliesslich kommen wir auf unserem Campingplatz "Camping du Jardin", bei Taroudant an. Der Campingplatz-Besitzer ist super freundlich, er erzählt uns von seinem Quanten-Mechanik-Studium in Frankreich, interessiert sich auch für uns und als wir ihn schliesslich fragen, ob wir vielleicht eine Orange vom Bäumchen pflücken dürfen sucht er für uns die besten fünf aus und gibt sie uns in die Hand. Der Platz ist zwar schön, uns hat es jedoch zu viele Menschen hier. Von Botscha-spielenden Franzosen, über fest-eingesessene Deutsche, die ihre Plätzli mit Blachen und Ähnlichem markieren, ist uns das alles etwas zu viel. Wir freuen uns aber trotzdem, als eine Engländerin unsere Hunde vom letzten Campingplatz wiedererkennt und wir zeigen uns gegenseitig unsere ausgebauten Busse, bevor sie uns zu einem Becher Wein bei sich und ihrem Mann einlädt. Als sie aber beginnt ihr Hühnchen mit einer halben Bierdose gestopft auf dem Grill zu braten bin ich recht froh, dass wir uns verabschieden können, denn wir wollen die Stadt erkunden. Nachdem wir der untergehenden Sonne über der Campingplatz-Mauer von unserer "Dach-Terasse" aus zugeschaut haben, machen wir uns also auf den Weg.
Hilfe! Wer den ultimativen Adrenalin-Kick sucht, die Taxifahrt in Taroudant ist dazu bestens geeignet. An die marokkanische Gepflogenheit, sich nicht anzuschnallen haben wir uns schon längst gewöhnt, auch das Hupkonzert nehmen wir mittlerweile mehr als freundliches Hallo-Sagen als sich-Aufregen zur Kenntnis. Aber, dass der Taxifahrer auf einer einspurigen Strasse mit Mauer links und Abgrund rechts sein Handy abnimmt, mitten im Überholvorgang, während er das Tempo von knapp 60 km/h nicht einmal reduziert, das haben wir bisher noch nicht erlebt. Ich mache sicherheitshalber mal die Augen zu und klammer mich an Sitz und Kevin's Hand fest. Wir haben die Albtraum-Taxifahrt schliesslich überlebt und zahlen für den Spass die umgerechnet drei Franken. Übrigens gibt es ein kleines Update zur Kreisel-Vorfahrts-Regelung: Theoretisch gelten hier dieselben Regeln wie auch sonst überall auf der Welt. Betonung auf "theoretisch".
Abgesetzt wurden wir mitten im Zentrum der Altstadt. Wir sind uns erst auch gar nicht sicher, ob wir hier zwischen Schuh- und Hasch-Brownie-Verkäufern (Die uns hier nicht zum ersten Mal unterschiedlichste Drogen-Sorten ins Ohr flüstern), Metzgereien in denen man sich das Hühnchen lebendig aussuchen kann, unzähligen Rosskarren usw. überhaupt aussteigen sollen. Die Szene hier ist nur sehr schwer zu beschreiben. Eine solch lebendige Stadt haben wir noch nie gesehen, soweit das Auge reicht sind wir die einzigen Touristen und ich anscheinend die einzige Frau. In den Restaurants, den Läden, Kiosken den Kutschen und auch sonst überall sitzen nur Männer und obwohl ich mich den örtlichen Bräuchen gemäss dezent und bedeckt gekleidet habe, fühle ich mich sehr unwohl unter den vielen Blicken. Der Campingplatz-Besitzer, der uns das Albtraum-Taxi bestellt hat, hat uns zwar versichert, dass Taroudant auch bei Nacht sicher sei und das bezweifeln wir auch nicht, trotzdem sind wir froh als wir ein Restaurant finden, wo wir in einer kleinen Ecke eine Vegi-Tajine (auch Kevin will hier kein Fleisch essen) von einem sehr freundlichen Kellner serviert bekommen. Auch das Damen-Klo, was wohl sonst nie benutzt wird, schliesst er mir auf (Klar, sonst gebraucht es hier ja niemand). Wir gewöhnen uns allmählich an das geschäftige Treiben, schlendern noch etwas durch die engen Gassen, wo wir mehr als einmal fast von Töfflis, Velos, Kutschen und Taxis überfahren werden und ich gebe mir Mühe, nicht in die Metzgereien hineinzuschauen, wenn ich das Hackbeil fallen höre... Wir sind in einer anderen Welt und einmal mehr sind wir unheimlich froh, unsere Hunde im Bus gelassen zu haben. Wir kaufen schliesslich einen interessanten Drink, von dem wir nicht sicher sind, was es ist (evt. Zuckerrohr? Schmeckt jedenfalls gut und wird mit einer lustigen Maschine frisch gepresst) und nehmen uns ein Taxi (nur halb so gefährlich wie das erste) zurück. Obwohl der Campingplatz-Besitzer ja weiss, dass wir weg sind, ist der Platz geschlossen als wir zurückkommen, wir finden aber den "Lüüti"-Knopf und werden schliesslich hineingelassen. Fotos von unserem sehr abenteuerlichen Ausflug gibt es leider nur wenige, da ich in der Stadt erstens nicht mein Handy in der Öffentlichkeit auspacken und zweitens keine Leute fotografieren will, ohne um Erlaubnis zu fragen. Trotzdem ein Abenteuer, das wir so schnell nicht vergessen werden!
Am nächsten Tag entscheiden wir uns weiterzufahren, da es bis zu 30 Grad werden soll und wir unsere Hunde bei der Hitze nicht im Auto lassen möchten. Trotzdem wollen wir diese verrückte Stadt nochmals bei Tag erleben. Wir dürfen auf einem bewachten Parkplatz unseren Hektor in den Schatten stellen und da es früh morgens ist, können wir Milo und Chewie gut noch eine oder zwei Stunden im Bus lassen. Wir nehmen eine Pferdekutsche (natürlich eine, bei der das Pferd gepflegt und gesund ausschaut und gut behandelt wird) und lassen uns in die Stadt chauffieren. Auch die einheimischen nehmen hier die Kutsche statt das Taxi, wie wir des öfteren beobachten. Auf halbem Weg in die Stadt springt ein junger Mann auf unsere Pferdekutsche auf und erklärt uns, dass er der Sohn unseres Fahrers sei. Wie es halt so ist, hat auch er einen Verwandten in der Schweiz, einen Bruder in Rapperswil und er spricht auch extrem gut Deutsch. Er möchte uns gerne ein wenig die Stadt zeigen und bevor wir wissen was passiert, rennen wir ihm kreuz und quer über den grossen Markt hinterher, kriegen dieses Gewürz zum probieren, sollen uns jenes Gemüse anschauen, bevor wir schliesslich zu einem Berber-Teppich-Laden (wo wir nichts kaufen) und später in eine Arganöl-Fabrik (wo wir viel zu teures Argan-Öl kaufen - wir sind total selber schuld) geführt werden. Schliesslich lässt er uns wieder alleine und wir schämen uns ein klein wenig für unser anfängliches Misstrauen ihm gegenüber, denn er war sehr zuvorkommend und freundlich und hat kein Geld für die Tour verlangt.
So langsam mögen wir aber nicht mehr im Gewusel von Städten sein und wir machen uns auf den Weg nach Tafraoute. Der Parkwächter lässt mich allerdings wie so oft erst fahren, als ich das Licht vom Bus ausschalte... Ist hier in Marokko so üblich, mehr als einmal machen die Leute auf der Strasse uns Zeichen, dass wir das Abblendlicht drin haben... Ich glaube hier geht's ums Benzinsparen? Wir sind uns nicht ganz sicher, wenn wir aber das Licht ausschalten geben sie uns immer den Daumen hoch:)
Wir haben wohl die umständlichste Strasse erwischt und brauchen für die knapp 150 km mehr als vier Stunden, was uns aber überhaupt nicht stört, denn die Strecke ist einfach traumhaft. Über den Anti-Atlas, mit wunderschönem Ausblick über die weiten, trockenen Ebenen, vorbei an Ziegen, kleinen Ruinen, ein paar gestreiften Atlas-Hörnchen (oder nennt man die hier Anti-Atlas-Hörnchen?:p), die leider zu schnell sind für unsere Kameras. Mein absolutes Marokko-Lieblingstier ist übrigens der Esel, der hier leider nicht sehr gut behandelt wird. Oft frage ich mich, wie die kleinen, herzigen Tiere das nur schaffen, diese schweren Karren mit teilweise drei oder vier Leuten und dem ganzen Gepäck zu ziehen...

Die Landschaft in Marokko verändert sich mit jedem Kilometer und wir sind fasziniert vom Wechsel zwischen grün, rot, orange, Hügeln, Flachland und Bergen. Die Schulen der unzähligen Dörfer sind übrigens immer leicht erkennbar, es sind immer die farben-frohsten Gebäude.

Wo wir auch hinkommen werden wir immer mit einem Lächeln und Winken begrüsst. Allzu viele Touristen kommen hier wohl nicht vorbei. Wir sehen auch, wie die berühmten Arganfrüchte an der Sonne getrocknet werden und auch die berühmten Ziegen, die sich in den Arganbäumen tummeln entdecken wir (leider immer zu spät für unsere Kameras). Die blühenden Mandelbäume verraten, dass wir uns unserem Ziel, Tafroute (dem grössten Mandel-Produzenten Marokkos) nähern.
Schliesslich kommen wir in Tafraoute an und fahren von einem Albtraum-Campingplatz zum nächsten. Selbst an freien Stellplätzen reihen sich WOMOs dicht an dicht. Hier gefällt es uns gar nicht und wir wollen einfach gerne mal wieder für uns sein, in der Natur und keine Menschen sehen. Wir fahren also weiter, zu den blauen Felsen und dort finden wir schliesslich unser kleines Paradies! Ganz alleine übernachten wir in der traumhaften Natur, durchzogen von riesigen runden Felsbrocken und Arganbäumen und wir sind einfach nur glücklich, diesen Ort gefunden zu haben! Der Sternenhimmel in der Nacht ist übrigens unbeschreiblich schön...
Hier bleiben wir ein paar Tage und erkunden die unwirkliche Umgebung. Kevin radelt noch "schnell" ins nächste Dorf, da wir zu wenig Trinkwasser dabei haben und ZWEI STUNDEN später können wir uns dann wirklich endlich niederlassen.
Später am Nachmittag gesellt sich noch eine einheimische Familie zu uns. Sie teilen Tee mit uns und wir Toblerone mit ihnen. Sie verraten uns auch, dass das Blütenfest vom 27. 2.- 3.3. stattfindet. Mal schauen ob wir so lange hier bleiben...
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