Von Baby-Äffchen und fliessender Lava
- Nadine
- 14. Jan. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Unsere Route nach Puyo führt uns vorbei am Painol del Diablo, einem Wasserfall, für den Banos sehr bekannt ist. Erfahrungsgemäss dürfen Hunde solch touristische Orte nicht betreten, daher entscheiden wir uns an diesem Tag, unsere Wuffis von Anfang an im Bus zu lassen. Wer konnte denn ahnen, dass dies der gefühlt einzige Ort in ganz Südamerika ist, an dem kein Hundeverbotsschild anzutreffen ist? Während des gut halbstündigen Abstiegs ärgern wir uns über unsere Entscheidung, geniessen jedoch die gründe Landschaft und sind schliesslich komplett begeistert von dem riesigen Wasserfall, der mit unglaublicher Kraft aus den Felsen schiesst!
Komplettt durchnässt treten wir den steilen Rückweg an bis wir schliesslich nach knapp einer Stunde weiterfahren können. In Puyo angekommen stellen wir unseren Hektor auf dem Parkplatz einer herzlichen indigenen Familie ab. Eigentlich wollen wir an diesem Tag die angrenzende Affen-Auffangstation besichtigen, ein junger Mann mit Funkgerät informiert uns jedoch, dass das heute keine gute Idee ist, da der grösste und gefährlichste Affe des Parks gerade ausgebrochen sei. Stattdessen lernen wir Ivan kennen, ein Schweizer aus Montreaux, der die Auffangstation seit 18 Jahren leitet. Er erzählt uns, dass man hier auch Freiwilligenarbeit leisten kann und sobald der Affe eingefangen sei, werde er uns holen und uns sein Zuhause zeigen. Bei dem Gedanken an die Arbeit mit den herzigen Äffli schlagen unsere Herzen höher und ungeduldig fragen wir immer wieder nach, ob Sambo, der Wollaffe, denn nun endlich eingefangen sei. Schliesslich holt uns Ivan mit seinem kleinen Lastwägeli ab und wir fahren die knapp 50 Meter zu seinem Hauseingang, wo wir sicherheitshalber erst einmal 10 Minuten im Auto warten müssen.
Per Funk erhält Ivan die Nachricht, dass sich Sambo gerade nicht am Hauseingang befindet und wir rennen schnell ins Haus hinein. Das muss schon ein ziemlich gefährliches Tierli sein und uns scheint dieser Ort ist wie aus einem Abenteurfilm! Viele der Tiere leben hier frei und vom vergitterten Haus aus beobachten wir Nasenbären, Totenkopfäffchen und Makaken, die sich im Dschungel-ähnlichen Garten tummeln. Wir sind total aus dem Häuschen und können kaum erwarten, dass Sambo endlich eingefangen wird und wir nach draussen können um mit den herzigen Tieren zu interagieren!
Am nächsten Tag dann die gute Nachricht: Sambo ist gebändigt. Wir dürfen Diego, dem Sohn von Lizette, der Frau von Ivan, helfen das Futter für die Tiere vorzubereiten. Nur die besten Früchte sind gut genug für die Äffchen. Den ganzen Morgen waschen, schälen und schnibbeln wir Papayas, Melonen, Broccoli und anderes Grünzeug, verteilen die Futterschalen und werden auf dem Weg zu den Gehegen immer wieder von frechen Totenkopfäffchen ausgeraubt. Später putzen wir Gehege, das dreckigste davon ist mit Abstand das der Pecaris, der Amazonasschweine. Auch die Nasenbären nutzen die Gelegenheit vom Putzwasser und setzen sich mitten in die Pfütze und waschen ihre buschigen Schwänze darin. Wir können uns vor Lachen kaum zurückhalten!!
Natürlich erstaunt es uns nur noch wenig, wenn auf einmal eine rot-weiss-schwarze Schlange sich in die Futterkammer verirrt. Auf die Frage, ob eine Schlange jeweils giftig ist, bekommen wir stets zweifelhafte Antworten, daher nehmen wir ab jetzt immer an, dass man Schlangen im Allgemeinen fern bleiben sollte. Im Übrigen war die Schlange nicht giftig, es handelte sich um eine Scharlachnatter. Die echte und äusserst Giftige Korallennotter, so erklärt uns Ivan später, hat jeweils eine ungerade Anzahl schwarzer Ringe zwischen jeweils zwei weissen (isch ja supper easy!!). Dies erklärt auch die anfängliche Unsicherheit von Diego, welcher die Schlange ruhig und gelassen mit dem Besen fixierte, gekonnt am Nacken packte und anschliessend im Wald wieder freiliess.
Nach dieser doch intensiver Begegnung drehen wir Schildkröten wieder auf ihre Beine, kuscheln mit Nasenbären und geniessen die Gesellschaft und die Nähe der kuschligen Tierchen.
Bis zu 45 Jahre alt kann ein Wollaffe werden. Matilde, eine schwangere Makaken-Dame und Adoptivmutter eines kleinen Affenbabys ist besonders von Kevin angetan. Während Kevin gründlich «entlaust» wird putze ich ihr Gehege und bereite ihr Futter vor. Am nächsten Tag lernen wir, wie man die Baby-Milch für die Affenwaisen vorbereitet und nun heisst es alle 2 Stunden Baby-Äffchen «Schöpälä».
Zwei Jahre lang dauert es, bis Babyäffchen kein Fläschchen mehr brauchen. Alle Tiere im Park sind Opfer des illegalen Tierhandels in Ecuador. Ein Fass ohne Boden, wie wir schnell lernen. Wir sind froh ein wenig helfen zu können und auch wenn viele Arbeiten schmutzig und anstrengend sind, sind die drei Tage, die wir hier in diesem Paradies für misshandelte Tiere verbringen dürfen ein absolutes Highlight unserer Reise und der Abschied von den Tieren und der netten Familie fällt uns wie immer wahnsinnig schwer. Trotzdem müssen wir weiter, wir wollen nämlich noch den Vulkan Sangay sehen, bevor der Lavastrom wieder versiegt.

Auf dem Weg in den Nationalpark legen wir noch einen Zwischenstopp bei einer indigenen Familie im Amazonasgebiet ein, wo wir auf Roman, einen Langzeit-Reisenden, ursprünglich aus Frankreich, treffen. Seit drei Monaten wohnt er hier in seinem Zelt. Er zeigt uns die natürliche Lagune mitten im Regenwald, in der man sich wunderbar abkühlen kann. Der Ort hier trägt den poetischen Namen «donde nace el viento», wo der Wind geboren wird. Tatsächlich fällt hier ein gut 70 Meter hoher Wasserfall in eine Höhle. Der dadurch entstehende kühle Wind weht aus einigen Löchern im Boden heraus und ist eine wilkommene Abkühlung zum feucht-heissen Amazonas Klima. Den Abend verbringen wir am gemeinsam mit Roman am Lagerfeuer, der uns von seinen Reisen um die ganze Welt erzählt.
Am nächsten Morgen brechen wir früh nach Macas auf. Nach einem langen Fahrtag verbringen wir eine unruhige Nacht in der Stadt Macas, wo wir mitten im Zentrum in einem Hostel-Parkplatz unterkommen. Die Weihnachts-Knallereien haben bereits begonnen, daher reisen wir schnell weiter in den wilden Dschungel des Sangay-Nationalparks. Wir wandern ein wenig, den Vulkan sehen wir an diesem wolkenverhangenen Tag leider nicht. Schliesslich finden wir bei einem freundlichen Pärchen einen Übernachtungsplatz mit tollem Ausblick auf die grünen Hügel und die Schlucht, durch die sich ein grosser Fluss schlängelt. Die Dame erklärt uns, dass man von hier aus in der Nacht sogar manchmal die Lava des Sangay-Vulkans fliessen sehen kann. Natürlich glaub wir ihr nicht, bis es tatsächlich eindunkelt und wir in der Ferne minütliche Explosionen rot-glühender Lava ausmachen. Die Nacht ist wolkenlos und der Sternenhimmel unfassbar schön. Wir haben es geschafft, der letzte grosse Vulkan auf unserer Reise durch Ecuador und erst noch der aktivste! Ein Land, das immer wieder Überraschungen für uns bereit hält!
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