Von Urwald-Tieren und Schamanen-Ritualen – Das Tor zum Amazonas (ganz weit weg von Zuhause)
- Nadine
- 6. Dez. 2019
- 12 Min. Lesezeit
Wir sind einfach nur unendlich froh, es ohne grössere Schäden aus der Tatacoa-Wüste geschafft zu haben. Nachdem wir im nahegelegenen Städtchen unseren Benzin- und Wassertank gefüllt haben, geht es weiter über eine holprige, von Schlaglöchern übersäten, sogenannten «Strasse». An die immer prekärer werdenden Strassenverhältnisse im Süden Kolumbiens haben wir uns mittlerweilen gewöhnt und kommen meist mit durchschnittlich 30 – 50 km/h voran. Die grossen Distanzen sind für uns daher eine ziemliche Tortur und der Umstand, dass Hektor leider keine Klimaanlage hat kann nach einigen Stunden Fahrt in der tropischen Hitze doch schon ziemlich an unseren Nerven zehren. Zudem erfordern die fast kniehohen Schlaglöcher unsere gesamte Konzentration. Die Schönheit der Landschaft macht jedoch einiges wieder wett und wir geniessen die Fahrt durch die unfassbar hohe Berglandschaft, oft mit Aussicht auf den Magdalena-Fluss, der sich von Süden nach Norden durch ganz Kolumbien schlängelt. Die Nacht verbringen wir am Fusse eines kleinen, von Urwaldpflanzen überzogenen Hügels, wo wir uns bei einem netten älteren Kaffee-Finca-Besitzer hinstellen dürfen. Wir haben es gerade noch vor Einbruch der Dunkelheit geschafft, daher stören uns auch die Kakerlaken und Skorpione in dem kleinen Badezimmer, das nur durch einen Vorhang vom restlichen Dschungel abgetrennt ist, nicht. Wir sind einfach nur froh über die kalte Dusche und einen sicheren Schlafplatz. Der nette Kaffee-Farmer erklärt uns auch, dass es hier in der Zona Cafetera viele Faultiere und andere Tiere des Regenwaldes gebe. Natürlich mache ich mich sogleich mit unserer kleinen Taschenlampe und meinem Handylicht auf die Suche, leider ohne Erfolg.
Am nächsten Tag erklimmen wir den kleinen Hügel, der uns zur Mano Gigante führt, eine riesige Stroh-Hand, in die man sich hineinlegen kann und von der aus man die umliegende Landschaft überblickt. Unterwegs begegnen wir einigen Einheimischen, vor deren Türen sich «Cuy» (Nagetiere, die hier als Fleischquelle genutzt werden) und Papageien in Käfigen tummeln. Wir wandern vorbei an Kaffee-Pflanzen, die oftmals von Würmern befallen sind. Dies stellt für die Bauern hier ein grosses Problem dar, da Kaffee-Pflanzen sehr empfindlich sind und es bis zu 20 Jahre dauert, bis eine Pflanze ertragreich wird. Chemie einsetzen wollen sie nicht, der Umwelt zuliebe und ausserdem sind die Gifte, die meist aus Nordamerika bezogen werden, auch viel zu teuer, so erklärt es uns der Finca-Besitzer. Bei dem Gedanken, dass sich diese Menschen, die so ein einfaches Leben führen und sich trotz allem so sehr um den Schutz unseres Planeten sorgen sind wir zutiefst betroffen. Oben angekommen legen wir uns natürlich in die Mano Gigante, trinken einen Saft und geniessen die (etwas vernebelte) Aussicht auf die Kaffee-Zone.
Schliesslich bleiben wir nicht allzu lange, da wir es heute bis San Agustin schaffen wollen. Wir verabschieden uns von den Leuten, die uns die Nacht beherbergt hatten und nehmen die immer schlimmer werdende Strasse nach San Agustin in Angriff. Für die knapp 150 Kilometer brauchen wir beinahe den ganzen Tag. Zwischendurch legen wir einen kleinen Frühstücksstopp am Rande einer Strasse ein, wo wir Lorena, eine wilde Papageiendame, die sich bei diesem Café niedergelassen hat, kennenlernen. Ihr gefällt es hier ziemlich gut und seit sie klein ist, ist sie hier Stammgast. Am liebsten hält sie einen kleinen Smalltalk mit den Gästen oder lacht ganz herzlich mit ihnen mit.
Schliesslich erreichen wir unser Ziel, ein Restaurant auf einem Berg mit Pool und MEGA-Aussicht auf zwei Wasserfälle. Für knapp 6.- die Nacht dürfen wir hier zwei Tage lang stehen, unser neustes Hector-Gadget (ein kolumbianischer Hängesitz) ausprobieren und das super-schnelle Wlan benutzen. Das mit dem Internet hatten wir uns in Südamerika irgendwie etwas einfacher vorgestellt, Verbindung ist hier reine Glückssache. Gäste hat das kleine Restaurant an diesem Wochenende nicht viele und so gehört uns der Pool und die fantastische Aussicht die meiste Zeit über ganz alleine. Wir wollen hier eigentlich gar nicht mehr weg und daher muss der Besuch der Ausgrabungsstätte, für die San Agustin bekannt ist, sich noch etwas gedulden. Wir verbringen zwei total entspannte Tage an diesem wunderschönen Ort, unternehmen kleinere Spaziergänge, beobachten die Kolibris und nehmen uns mal wieder Zeit für unseren Blog.
Schliesslich wird es Zeit aufzubrechen. Schon knapp zwei Monate reisen wir nun schon durch Kolumbien und haben das Gefühl, nur sehr langsam voranzukommen, was nur teilweise an den grossen Distanzen und den baufälligen Strassen liegt. Hauptsächlich ist Kolumbien einfach ein wahnsinnig schönes Land und jeder Ort, an den wir kommen, lädt zum Verweilen ein. Überall gibt es tausend Sachen zu entdecken und es ist unmöglich, jeden Wasserfall und jede Sehenswürdigkeit zu besuchen. So entscheiden wir uns dann für einen kurzen Besuch der Ausgrabungen am Tag unserer Abfahrt. Früh morgens finden wir noch gut einen Parkplatz und glücklicherweise regnet es in Strömen, so dass unsere Hunde gut eine oder zwei Stunden ohne zu überhitzen im Bus bleiben können, während wir die seltsamen Stein-Figuren besichtigen. Von diesen wurden über die letzten hundert Jahre mehr als 500 in dieser Gegend geborgen, niemand kennt ihren ursprünglichen Zweck oder weiss, wer sie geformt hat, nur, dass sie wahnsinnig alt sind. Manche von ihnen sind riesengross und stehen daher in der Natur, wo sie durch Dächer vor der Witterung geschützt werden. Der Rundgang durch den Park dauert knapp zwei Stunden, wobei wir immer wieder von einer deutschen (Senioren-)Touristengruppe eingeholt werden. Der Höhepunkt des Rundgangs endet an einem kleinen Flusslauf, der von vergangenen Kulturen so umgestaltet wurde, dass die kleinen Rinnsale in Formationen fliessen, die Tierkörpern gleichen. Wozu diese Formen dienen ist nicht bekannt, wir vermuten, dass manche als so eine Art Waschmaschine dienen könnten, denn in einigen Felseinbuchtungen formen sich kleine Wasser-Wirbel.
Als wir uns zum Kaffee niedersetzen hat die deutsche Touristengruppe wieder zu uns aufgeschlossen. Während Kevin nochmals einige Ausgrabungen besichtigt trinke ich unter dem kleinen Holzdach in Ruhe meinen Café, während sich die Touristengruppe ebenfalls zu mir gesellt. Ich finde es recht amüsant, dass keiner von ihnen ahnt, dass ich Deutsch verstehe und amüsiere mich ab ihren Gesprächsthemen. Dass sie sich gegenüber dem Parkwächter, der sie mehrmals dazu auffordert, ihre Zigaretten aufgrund des Rauchverbots im Park auszumachen, mehr als respektlos verhalten, finde ich hingegen eine absolute Frechheit. Schliesslich bleiben nur noch zwei ältere Herren mit mir zurück, während der Rest der Gruppe noch eine weitere Ausgrabung besichtigt. So sitzen wir also da, ein Schweizer, ein Deutscher und ich. Während die beiden ihren Smalltalk übers Reisen, ihre Kameras und Politik fortsetzen trinke ich noch einen weiteren Café, ärgere ich mich ein wenig über die unfassbar schlechten Spanisch-Kenntnisse des deutschen Herren (es heisst «Gracias!» nicht «Grazie»! Wir sind in Kolumbien, nicht in Italien, gopfridstutz!). Als Kevin schliesslich zurückkommt und ich den beiden zum Abschied «e gueti Reis» wünsche sind die beiden so perplex, dass sie kaum ein Wort herausbringen und Kevin und ich können uns ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Ein bisschen Spass muss halt auch sein. Wir lernen noch einen Italiener kennen, mit dem wir uns auf Anhieb gut verstehen und unterhalten uns mit ihm auf dem Rückweg, dann geht unsere Reise weiter, immer Richtung Süden.
Nach einigen Stunden kommen wir tatsächlich im Städtchen Mocoa, auch bekannt als «Tor zum Amazonas», an. Unsere ioverlander-App führt uns zu einer kleinen Finca, wo wir Francisco und Martha kennenlernen. Leider passt unser Hektor nicht unter der niedrigen Auffahrt hindurch, für Francisco stellt dies jedoch kein Hinderniss dar. Es dauer eine knappe halbe Stunde und schon hat Francisco den oberen Balken für uns abgeschraubt, damit wir trotzdem hineinfahren können. Typisch kolumbianische Gastfreundschaft halt. Währenddessen hat Martha bereits eine Flasche Wein geholt und wir unterhalten uns den ganzen Abend mit dem netten Paar und ihrem Bekannten Mario, dem ehemaligen Bürgermeister von Mocoa😊 Diego, die Hauskatze und Nala, der Hund haben uns bereits ins Herz geschlossen und wir fühlen uns schon wahnsinnig wohl hier.
Angeblich kommen jeweils am Morgen die kleinen Titi-Äffchen aus dem angrenzenden Regenwald um sich ihre Banane abzuholen, leider haben wir während unserer Zeit bei ihnen kein Glück, denn die Affen lassen sich nicht blicken. Stattdessen unternehmen wir alle gemeinsam einen Ausflug in einen nahe-gelegenen Tierpark. Unseren Hunden ist der Zutritt leider nicht gestattet, aber typisch kolumbianisch wird uns sogleich eine Lagerhalle mit einer grossen Hundebox angeboten, wo unsere Hunde während unseres Besuches geschützt vor der Hitze und neugierigen Blicken warten dürfen. Hier können wir nun zum ersten mal auch die seltenen Tiere des Amazonas von nahem betrachten, von Papageien über Tapire bis hin zu Schildkröten und Jaguaren leben hier unzählige tropische Tierarten, viele davon sind gerettet aus schlechter Haltung. Während unseres Besuches büchsen noch einige Äffchen aus ihren Gehegen aus und das Katz- und Mausspiel mit den Tierpflegern ist ein spektakuläres Schauspiel für uns «Gringos». Zum Abschluss des Tages führen sie uns zu einer Amazonas-Fischfarm, wo Kevin einen geräucherten frischen Fisch geniesst, bevor wir uns auf den Rückweg machen.
Schliesslich schauen wir am nächsten Tag noch bei einem Schamanen vorbei, der auch Ayahuasca-Rituale durchführt. Vor dem indigenen Drogensaft haben wir ziemlichen Respekt, trotzdem wollen wir das einmal in unserem Leben ausprobieren. Nach dem Gespräch mit dem Schamanen, der uns alle unsere Fragen beantwortet und dabei sehr vertrauenswürdig wirkt, entscheiden wir uns, an dem Ritual teilzunehmen. Am nächsten Tag geht es also für eine ganze Nacht in den Dschungel. Wir treffen uns beim Schamanen, in dessen Garten es übrigens auch Meerschweinchen gibt (natürlich nicht als Haustiere sondern zum Verzehr gedacht). Er kommt gerade von einem Meeting und wirkt dementsprechend in seinem Hemd und seiner Anzughose eher wie ein Geschäftsmann als wie ein waschechter Schamane und bevor wir zu Fuss in den Dschungel aufbrechen, muss er noch kurz ein Baby mit Gesang und Duftrauch heilen. Wirklich wahr. Wiedermal wird uns bewusst, dass wir hier ganz ganz weit weg von Zuhause sind, im kolumbianischen Amazonas bei einem Schamanen.
Zu viert marschieren wir also mit unseren Schlafsäcken und Rucksäcken los, Francisco, Kevin, der Schamane Pablo und ich.
Martha bleibt zurück und hütet währenddessen unsere Hunde und die Finca, denn das Ritual dauert die ganze Nacht. Nach gut einer halben Stunde Marsch durch den Urwald kommen wir schliesslich an einer Hütte an, wie man sie sich vielleicht aus Dokumentarfilmen vorstellt. Der Boden ist bloss Erde und das runde Dach besteht aus getrockneten Palmblättern. Pablo verteilt seine Kerzen, macht ein Feuer, während wir unsere Lagerplätze für die Nacht einrichten. Einfache Matratzen und unsere Schlafsäcke genügen. Die Einteilung, wo die Männer und wo die Frauen sich platzieren erklärt uns Pablo auch und zu unserer Überraschung gibt es hier auch eine richtige Toilette, mitten im Dschungel. Dass sich hier auch Frösche in der Kloschüssel tummeln überrascht uns eigentlich nur noch wenig und die Stille und Dunkelheit, fernab jeglicher Zivilisation lässt sich nur schwer mit Worten beschreiben. Unsere Nervosität ist uns allen deutlich anzumerken und wir haben keine Ahnung, was wir von dieser Nacht erwarten sollen und ob wir es wirklich wagen werden, Ayahauasca zu trinken. Pablo hat uns alles bis ins kleinste Detail in sehr klarem Spanisch erklärt, Francisco hat die für uns unverständlichen Teile ins Englische übersetzt. Ayahuasca, von Indigenen auch Yaje oder «la Medicina» genannt, ist eine haluzinogene Droge, hergestellt aus einer bestimmten Lianensorte. Jeder indigene Stamm stellt sein eigenes Ayahuasca her, dem sie verschiedene Zusatz-Pflanzen beimischen. Das Rezept wird über Generationen weitergegeben, die Ayahuasca-Kunst ist jedoch vom Aussterben bedroht, da viele Junge sich anderen Berufen zuwenden und kein Interesse am Erlernen der alten Stammespraktiken haben. Der Glaube ist, dass man durch Ayahuasca Zugriff auf die Geisterwelt, insbesondere die Seelen der Natur erhält. So können beispielweise Visionen von Amazonas-Tieren vorkommen oder es treten Zukunftsvisionen auf. Klingt für uns Europäer alles ziemlich seltsam und befremdlich, aber warum sollen wir uns nicht auf diese Erfahrung einlassen und selbst herausfinden, was an der Sache dran ist?
Als das Feuer heruntergebrannt ist befüllt Pablo einen Kessel mit der heissen Gluse, auf die er «Copal» wirft, ein Mineral, dass wahnsinnig gut riecht. Mit dem aufsteigenden Rauch «reinigt» er unsere Umgebung von bösen Geistern und vergangenen Energien und verspricht uns, dass wir dadurch nur positiven Kontakt mit den Geistern und der Natur machen werden. Seltsamerweise beruhigt uns das tatsächlich, ob es am Duft oder an Pablos Ausstrahlung liegt wissen wir nicht. Inzwischen hat er in seine Schamanen-Kleidung, einen farbenfrohen Poncho und einige handgemachte Stoffketten sowie eine Kette aus Jaguarzähnen gewechselt. Nun beginnt er, einen kleinen Kelch mit dem Ayahuasca zu befüllen, den er daraufhin mit rythmischen Gesängen besingt, bevor er uns einzeln zu sich ruft, damit wir den kleinen Schluck nehmen können. Nein, hygienisch ist das Ganze natürlich nicht. Als ich aufgerufen werde spürt Pablo wahrscheinlich meine Nervosität und verspricht mir, dass nichts Schlimmes passiert und ich mich einfach auf mich konzentrieren solle. Nachdem wir also alle unseren Schluck genommen haben, legen wir uns auf unsere Schlafmatten und starren ins Feuer und die Dunkelheit, gespannt, wann die Wirkung wohl einsetzen wird. Pablo legt sich ebenfalls in seine Hängematte und es dauert keine 2 Minuten bis wir ihn friedlich vor sich hin Schnarchen hören. Gut zwei Stunden lang liege ich wach und warte auf die Wirkung, es passiert jedoch – rein gar nichts. Immer wieder fragen wir uns gegenseitig, ob der jeweils andere bereits etwas merkt, eine Wirkung bleibt jedoch bei uns allen aus.
Etwa drei Stunden nach Einnahme fragt uns der wiedererwachte Pablo, ob das Ayahuasca bereits seine Wirkung gezeigt hat, was wir alle drei verneinen. Daraufhin geht die Zeremonie von Neuem los, wir trinken alle erneut einen Schluck, warten gespannt auf die Wirkung während Pablo in seiner Hängematte döst und wieder – nichts. Die Lagerstimmung finden wir trotzdem angenehm und eine Nacht mit einem Schamanen im Dschungel verbringen, definitiv eine Erfahrung wert.
Geweckt werden wir von Pablos harmonischem Mundharmonika-Spiel. Uns geht es allen sehr gut, aber von Halluzinationen oder Ähnlichem können wir immer noch nicht berichten. Ob es vielleicht an meinem Regelbruch liegt, denn ich habe mittlerweilen meine Yogamatte mit Kevins bequemer Matratze getauscht, vielleicht passt es den Geistern nicht, dass ich mich nun im Bereich für Männer aufhalte… Das Ritual geht trotzdem weiter und diesmal werden wir neben der Einnahme des Ayahuasca, welche die Innere Reinigung des Körpers darstellt, auch äusserlich gereinigt. Pablo ruft uns jeweils einzeln zu sich, wo wir uns auf einen Baumstamm gegenüber dem Mediziner setzen. Er erkundigt sich über unseren Werdegang, Ausbildung und wir plaudern einfach ein bisschen. Nach dem Gespräch werden wir äusserlich gereinigt, indem der Schamane indigene Lieder vor sich hinsingt, summt und interessante Geräusche macht während er uns mit einem Palmenwedel bewedelt (aus Mangel an einem besseren Wort). Zuletzt nimmt er einen grossen Schluck einer unbekannten Flüssigkeit und besprüht unseren Körper damit (ja wir werden angespuckt!). Das alles klingt ziemlich seltsam, das ist uns schon bewusst, aber eigentlich war es das überhaupt nicht, im Gegenteil. Ob es am Dschungel liegt, an Pablos ruhiger Art, der angenehmen Gesellschaft oder was auch immer, wir fühlen uns tatsächlich ganz ruhig und entspannt und auf eine unerklärliche Art auch verbunden mit der Natur. Nach weiteren Gesängen und Palmwedeln ist die äussere Reinigung beendet, Pablo gibt uns allen einzeln jeweils noch ein paar nette Worte mit auf den Weg, er wünscht sich für uns, dass egal wo wir hingehen, wir uns immer an dieses Ritual und die Verbundenheit mit Mutter Natur erinnern können. Ich bin sehr dankbar für diese Worte und werde mich immer daran erinnern, wenn mit die Natur wiedermal fehlt.
Wir legen uns noch ein letztes Mal hin und als wir aufwachen ist es bereits Morgen und somit Zeit aufzubrechen. Wir packen unsere Sachen und wandern den indigenen Pfad wieder zurück, wo wir mit Kaffee und einem Brötli (ich bin froh ist es kein Meersöili) beim Haus des Schamanen empfangen werden und im Anschluss von Martha abgeholt werden.
Die fehlenden Halluzinationen erklärt uns Pablo so, dass das Einnehmen der «Medicina» immer ein Prozess wäre und man dieses Ritual mehrmals wiederholen müsse, bis man bereit ist, Dinge zu sehen und zu spüren. Auch unser Kollege Mario musste zu seinen Zeiten als Bürgermeister von Mocoa an diesem Ritual teilnehmen und hat dabei erst bei der dritten Durchführung die Wirkung gespürt. Wir zumindest finden die Aussage von Pablo sehr professionell und sind insofern auch mit dem Ausgang des Rituals zufrieden. Zu keinem Zeitpunkt haben wir uns unwohl oder schlecht gefühlt, was bestimmt auch mit der lockeren und sehr netten Art unseres Mediziners zusammenhängt. Wir konnten dafür einen unglaublich spannenden und interessanten Einblick in die medizinischen Rituale der indigenen Völker erhalten und bereuen unsere Entscheidung, Ayahuasca ausprobiert zu haben auf keinen Fall.
Da wir uns trotz ereignisreicher Nacht eigentlich recht erholt fühlen entscheiden wir, dass wir bereits heute aufbrechen werden, in Richtung ecuadorianische Grenze. Die Verabschiedung von Martha und Francisco fällt uns schon ein bisschen schwer, so viele Dinge haben wir in den letzten vier Tagen mit ihnen erleben dürfen und haben das Gefühl, mehr als nur eine Bekanntschaft gemacht zu haben. Auf jeden Fall wären die beiden bei einem Besuch in der Schweiz (Martha’s Sohn lebt nämlich dort) jederzeit bei uns herzlich willkommen!
Wir finden in unserer tollen ioverlander-App ein Hostel in unmittelbarer Nähe, wo sich angeblich die Affen täglich blicken lassen. Das wollen wir uns nicht entgehen lassen und nach einem kurzen Einkauf und einer 15-minütigen Autofahrt stehen wir auch schon wieder in einem traumhaft schönen Garten, umgeben von gelb-schwarzen Hängematten-Nestern-bewohnenenden Vögeln, die sich in den umliegenden Palmen tummeln. Die versprochenen Affen sollen gemäss der Wirtin immer morgens vorbeischauen und wir sind gespannt ob es nun wirklich klappt.

Am nächsten Tag erwachen wir wie gewohnt sehr früh (unser Tag-Nacht-Rhythmus schwingt mittlerweilen wieder mit dem Tageslicht mit), können aber noch keine Affen in den Bäumen ausmachen. Beim Warten auf unser geniales lokales Frühstück (Bananen, Mangos, Eier und Kaffee) erblicken wir dann tatsächlich die ersten Äffchen und können diese sogar mit Bananen füttern! Es gibt sie also doch und hier und sie scheinen sich an Touristen gewöhnt zu sein! Unser Essen muss noch ein bisschen warten, bis auch das letzte Äffli sein Banänli bekommen hat und zufrieden abzottelt. Wir sind im Affenfieber und wollen die herzigen Tiere (übrigens leben hier zwei Arten, die «Bebe leche» wegen dem Milchschnäuzchen und die Titi Leon, die kleinsten Äffchen der Welt!) am nächsten Tag unbedingt nochmals sehen. Den Tag verbringen wir mit Malen, Blogschreiben, Chätzlischmüselen und mit den Hunden spazieren. Die Affen tauchen ebenfalls nochmals auf, als es stark zu regnen beginnt (dann suchen sie nämlich Unterschlupf unter dem Dach der offenen Hostel-Küche). Ich kümmere mich noch um einen armen Tropf von Hund, der unter der Räude leidet. Er bekommt ein Bad, eine Entwurmungskur und ein Anti-Räudemittel (natürlich in Absprache mit einem Tierarzt, der uns hier in Mocoa noch die nötigen Papiere für Milo und Chewie’s Einreise nach Ecuador ausgestellt hat).
Am nächsten Morgen gilt es ernst, wir verabschieden uns von unseren neuen tierischen Freunden und können selbst kaum glauben, dass unsere Zeit in Kolumbien schon zu Ende ist… Waren das wirklich schon zwei Monate?
Comments