Wilde Tiere und Hektorprobleme im Amazonas - Bienvenidos a Ecuador!
- Nadine
- 6. Dez. 2019
- 6 Min. Lesezeit
Kolumbien möchte uns noch ein wenig länger bei sich behalten, denn keine Stunde nachdem wir uns von den Äffchen verabschiedet haben, sehen wir von Weitem eine grössere Menschenansammlung, welche die Strasse sperrt. Wir können gerade noch auf einen Parkplatz eines Restaurants parkieren, als die streikenden Menschen schon auf der Höhe des Restis sind. Das schauen wir uns genauer an und stellen fest, dass wohl ein indigenes Volk für mehr Rechte streikt und deshalb im Stillen diese Strasse sperrt. Nach etwa 15 Minuten ist der Menschenmob am Restaurant vorbeigezogen und wir können unsere Fahrt fortsetzen. Zum Glück läuft der Menschenzug nicht in die entgegengesetzte Richtung, sonst wären wir wohl noch länger hängengeblieben!!
Nach drei weiteren Fahrstunden (die Strassenverhältnisse haben sich definitiv nicht gebessert) überqueren wir schliesslich den Grenzfluss über einer Brücke und fragen uns ob das jetzt schon alles war. Kein Gebäude, kein Büro wo man den ganzen Papierkram machen muss? Wir fragen den Beamten am Ende der Brücke, welcher uns erklärt, dass sich die ganzen Officinas beider Länder etwa zwei Kilometer weiter Inland in Ecuador befinden. So schnell geht’s also doch nicht! Bei den entsprechenden Behörden angelangt wird unser Hektor zuerst heruntergewaschen (um wohl invasive Tierarten abzuhalten) und auch wir müssen mit unseren Schuhen über einen Desinfektionsteppich laufen. Ob wir den Typen erklären sollen, dass wir noch weitere 10 Paar Schuhe im Bus haben? Lieber nicht!!! Am Parkplatz angelangt kann nun der ganze Bürokratiespass beginnen: 1. Ausreisen aus Kolumbien, 2. Temporäre (kolumbianische) Einfuhr von Hektor abstempeln, 3. Einreise nach Ecuador, 4. Einreisebewilligung der Hunde des ecuadorianischen Veterinärs und zuletzt, 5. Temporäre Einfuhr Hektors nach Ecuador. Trotz den eher langsamen Bewegungen der Behörden beider Länder haben wir den ganzen Prozess tatsächlich innerhalb von 2,5 Stunden durch und sind definitiv in unserem zweiten südamerikanischen Land angelangt! Unsere gehegten Hoffnungen bestätigen sich, hier in Ecuador sind die Strassenverhältnisse deutlich besser und wir Hektor freut sich wie wahnsinnig, als wir endlich wieder mal in den 5. Gang schalten!
Da es schon späterer Nachmittag ist möchten wir am nächstbesten Plätzli übernachten und fragen bei einem Resti an. Leider verneint der Restaurantbesitzer und zu allem Übel fällt uns beim Abbiegen in die Hauptstrasse wieder der Unterbodenschutz des Motors ab! (Ja, richtig gelesen… Wieder mit denselben chrosenden, übeltönenden Geräuschen, wie beim letzten Mal) Diesmal hat das Rad zum Glück NUR den halben Unterbodenschutz mitgerissen und nachdem wir die verschiedenen Plastikteile wieder aufgesammelt haben, kann unsere Reise zu einem Übernachtungsplätzli fortgesetzt werden. Zum Glück ist der Unterbodenschutz für Hektor nicht überlebenswichtig!!! Unser App für Übernachtungsplätzlis zeigt uns, dass sich das nächste Örtli in der Stadt Lago Agrio befindet. Zwar sind wir nicht Fans von Übernachtungen in grösseren Ballungsgebieten, jedoch wird es langsam dunkel und wir können die Gelegenheit grad nutzen um uns mit Dollars und einer SIM-Karte auszurüsten, so ganz ohne Bargeld fühlen wir uns nämlich schon eher elendig. Leider befindet sich der Gratisparkplatz direkt neben einer Chilbi, die Anstrengungen des Tages lassen uns aber trotzdem gut schlafen!
Am nächsten Morgen machen wir zunächst alle nötigen Einkäufe, besorgen uns eine SIM-Karte und Lebensmittel. Auch möchte ich den Unterboden reparieren lassen, woraufhin wir Hektor in eine Werkstatt fahren. Der Mechaniker meint, dass man das Teil nicht mehr retten kann, worauf hin ich ihm ein Stück Restblech für 1 Dollar abkaufe und mich schlussendlich dafür entscheide das Ding selbst zu reparieren (Fortsetzung folgt). Nun können wir uns endlich aufmachen, der Amazonas ist unser Ziel! Die Strassen hier in Ecuador sind einfach toll und die Fauna verändert sich mit jedem Kilometer. Nur die Tankanzeige von Hektor lässt uns nicht in Frieden und so weit in der Pampa draussen finden wir tatsächlich keine einzige Tankstelle mehr (ironischerweise genau hier, wo alle paar Kilometer Öl aus dem Boden gepumt wird). Wir entscheiden uns schliesslich nach einer Stunde Fahrt in Richtung Osten, wieder umzudrehen. Damit wir überhaupt wieder in die Stadt Lago Agrio zurückkehren können, müssen wir doch noch ein wenig überteuertes Benzin von einem Hinterhof kaufen (für die Gallone zahlen wir 7 Dollar!!!) und machen uns wieder auf den Rückweg =(. Wieder in der Stadt angelangt können wir unseren Hektor mit 70 Litern Benzin für 30 Dollar vollktanken, unsere bisher günstigste Tankstellenerfahrung (nicht umsonst belegt Ecuador den Platz 10 der günstigsten Benzipreisen der Welt)!
Auf unserer Fahrt in Richtung Amazonas sehen wir dann auch bereits die ersten wilden Tiere, eines davon ist eine knapp 2 Meter lange (leider überfahrene) Anaconda, das zweite Tier hatte mehr Glück, denn Kevin trägt sie über die Strasse und somit in Sicherheit.
Hier im Naturreservat Cuyabeno möchten wir den Amazonas samt seinen Bewohnern erkunden und handeln einige Touren mit den lokalen Guides aus. Noch an diesem Abend können wir die Lichtershow der unzähligen Glühwürmchen geniessen, bevor wir müde von der Fahrerer ins Bett fallen. Die erste Bootstour haben wir direkt für den nächsten Morgen vereinbart, wobei wir unsere Hunde netterweise in einer Cabana vom Kollegen des Guides unterbringen können. Hunde sind innerhalb des Reservats nicht erlaubt und wir sind froh, sie nicht unnötigerweise auf ein Böötli schleppen zu müssen. Die Tour dauert ca. 6 Stunden und was wir (also hauptsächlich unser Guide mit geübtem Auge) innerhalb dieser Zeit alles entdecken ist einfach UNGLAUBLICH! Nebst unterschiedlichen Vögeln wie Tukane, Papageien, Kolibris, Andengeiern und vielen, vielen mehr, entdecken wir auch ein scheues Reh, können fünf verschiedene Affenarten bei der Futtersuche beobachten (ich werde sogar einmal angepinkelt, weil sich das Boot direkt unter einem von Affen bewohnten Baum befindet), bis wir schliesslich einen kleinen Zmittag am Ufer einer grösseren Lagune einnehmen. Nach dem Essen möchte Martin unser Guide uns noch die Anakonda zeigen. Barfuss geht er voraus, mitten durch den Dschungel, bis wir schliesslich vor einem umgefallenen Baumstrunk stehenbleiben. Erst auf den zweiten Blick erkennen wir, was sich in der kleinen Höhle unter dem Baumstrunk befindet und wir sind über die Grösse der Schlange regelrecht geschockt! Martin erklärt, dass sich die 7m(!) Anakonda in der Häutung befindet und sich dafür für längere Zeit in eine Höhle verkriecht. Dieses Plätzchen hat sie sich schon zum zweiten Mal ausgesucht und Martin meint, es sei auch aus näherer Distanz sicher, die Schlange zu begutachten. Nach weiteren Infos über Anakondas (diese können nach dem Fressen einen Durchmesser von gut 50cm haben!!) steigen wir wieder in unser Boot und fahren wieder auf die grosse Lagune. Ich mache einen kurzen Schwumm in der Lagune, wobei sich Nadine nicht traut hier ins Wasser zu springen. Unser Guide erklärt nämlich, dass die Piranhas nur in den Flussläufen und an den Rändern, wo auch Bäume wachsen, leben und nicht in den tieferen Gewässern, somit kann man hier ruhig ein Schwümmli wagen=). Wieder im Boot dauert es keine paar Minuten bis Martin auch schon die pinken Flussdelfine entdeckt. Wir fahren zu der besagten Stelle und können nach einigen Minuten tatsächlich die auftauchenden Amazonasdelfine beobachten! Für gute Handyfotos sind diese aber zu weit weg, weshalb wir einfach den Moment geniessen und dem Atmen der rosa Delfine zusehen und zuhören! Der schöne Moment vergeht viel zu schnell und wir befinden uns bereits wieder auf dem Rückweg. Trotz schnellerer Fahrt entdeckt unser Guide noch zwei weitere viel kleinere Exemplare von Anakondas, sowie eine weitere gelbe und sehr giftige Schlange in den überhängenden Ästen.
Puuh nach so vielen Eindrücken in so kurzer Zeit tun uns schon fast die Augen weh! Nachdem wir unsere Hunde wieder abgeholt haben (war alles gut, sie haben geschlafen als wir bei ihnen ankamen) bereiten wir uns einen frühen Znacht zu und spazieren noch ein wenig mit Milo und Chewie, bevor wir uns schon auf die nächste Tour wagen. Im Dunkeln der Nacht möchten wir nämlich noch eine Kaiman-Tour machen. Diese dürfen wir mit einem Senor Modesto, einem älteren Herrn, welcher sein Haus direkt gegenüber dem Fluss hat, unternehmen, den uns die Besitzerin des Ladens, bei dem wir stehen dürfen, empfohlen hat. Mit Stirnlampe ausgerüstet fahren wir in tiefster Nacht dieselbe Flussmündig entlang,die wir bereits am Tag gefahren sind. Mit der gemütlichen Bootstour tagsüber hat dieser stockfinstere Dschungel in dem wir die einzigen Menschenseelen sin jedoch nichts mehr gemeinsam! Mit den Stirnlampen können wir die reflektierenden Augen der Kaimane schon von Weitem ausmachen und so entdecken wir in den ersten 10 Minuten etwa 5 Augenpaare. Senor Modesto dreht sein Boot und kommt auch einigen Kaimanen sehr nahe, sodass wir ein paar gute Fotos, selbst in der Nacht machen können (einmal fährt er so nahe ran, dass ein grösseres Exemplar beinahe in unser Böötli springt, etwas unheimlich ist der Amazonas bei Nacht ehrlich gesagt schon, jedoch auch einfach atemberaubend schön!) Nach zwei Stunden bringt uns der Guide direkt zu unserem Bus und wir sind erstaunt, wie nahe sich die gerade erst gesichteten Tiere befinden! Ab jetzt passen wir beim Gassi gehen noch mehr auf und Milo und Chewie müssen sicherheitshalber an der Leine bleiben.
Um die vielen Eindrücke zu verarbeiten haben wir am Tag darauf nur wenig Programm. Ich flicke die Überreste des Unterbodenschutzes mit Blech und Nieten zusammen, während Nadine ein wenig mit den Hunden trainiert. Abends haben wir noch eine Nacht-Tour mit Martin gebucht, diesmal wollen wir den Dschungel zu Fuss erkunden. Hier entdecken wir verschiedenste Insekten, wie Vogelspinnen, diverse Grillenarten und Hundertfüssern, welche sich super Fotografieren lassen. Einmal kann ich sogar die Vogelspinne am Rücken streicheln, diese ist nämlich ungiftig! Auch ein Opossum können wir in der Ferne erspähen, fürs Handy wars aber viel zu weit weg. Martin zeigt uns auch noch einen lumineszierenden Pilz, welcher auf einem verdorrten Blatt wächst und wir finden den Amazonas mit seinen Bewohnern einfach noch magischer als zuvor!
Die drei Tage im Amazonas waren einfach unbeschreiblich und eigentlich könnten wir noch zwei weitere Wochen jeden Tag eine Tour unternehmen und Tiere beobachten! Doch möchten wir auch wieder mal in einem trockeneren Klima schlafen und so montieren wir den nun wieder reparierten Unterbodenschutz und fahren wieder weiter Richtung Westen. Für uns war es ein unbeschreibliches Erlebnis und wir sind einfach nur dankbar für die leben Menschen die wir kennenlernen durften und die unvergesslichen Eindrücke, die wir aus diesem Paradies mitnehmen dürfen!
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